Patchwork – ein Virus

 

Was machst du? Patchwork? Was zum Teufel ist das? Eine ziemlich ansteckende Krankheit, könnte man sagen. Manche zweifeln sogar am Geisteszustand, wenn wir die schönsten Stoffe in kleine Stücke zerschneiden, nur um sie nachher wieder neu zusammenzunähen.

 
 

Wenn der Gesunde dann das Prinzip verstanden hat, dann meint er regelmässig, eine solche Geduld hätte er nie. Dabei braucht es gar keine Geduld, nur ein winzig kleines Quäntchen Suchtpotenzial.

 

Et voilà. Schon beginnen Infizierte geometrische Muster im Alltag mit anderen Augen zu sehen, in Gedanken Blusen und Vorhänge Bekannter einem neuen Bestimmungszweck zuzuführen und mit einem 7. Sinn jeden noch so kleinen Stoffladen in fremden Städten aufzuspüren.

 

Ab jetzt lassen sich die Stunden nicht mehr zählen: Stoff einkaufen, waschen, bügeln, Muster planen, Stoff zuschneiden, Stoff wieder zusammennähen, Vorderseite, Vlies und Rückseite zusammenheften und dann das Quilten. Stichlein für Stichlein wird der Quilt von Hand abgesteppt. Dies ist bei weitem die zeitaufwändigste Arbeit. Pro Laufmeter werden etwa 200 Stiche gemacht. So kann es sein, dass ein Quilt mit wenigen Teilen, aber viel Quiltarbeit wesentlich mehr Zeit braucht als ein Quilt mit vielen Stoffstückchen.

 

Die oft gestellte Frage, wie lange man an einem Quilt arbeitet, lässt sich schwer beantworten. Ein Zeitaufwand von 30 bis 300 Stunden ist durchaus möglich. Würde man dafür den Stundenansatz eines Handwerkers berechnen, wären Quilts fast unerschwinglich, zumal jeder Quilt ein Unikat ist. Reich werden kann man also nicht mit dieser Arbeit.

 
 

Was ist es denn, das uns packt und nicht mehr loslässt? Ist es das Umsetzen eigener Ideen, das Ausdrücken in Farben von Stimmungen und Gefühlen, das meditative und besinnliche Sticheln von Hand, oder ist es die Idee, dass etwas Selbstgeschaffenes uns überlebt?  Es gibt so viele Argumente wie Frauen, die patchen. So entsteht aus den vielen Frauen eine lebendige Patchworkgruppe: bunt wie ein Quilt, wärmend und tragfähig in Zeiten der Not und kreativ inspirierend für das nächste Projekt. Ich wünsche allen, einmal im Leben von einem so freundlichen Virus befallen zu werden.